Schritt 2: Der Inhalt steht. Jetzt geht es ans Schreiben!

Der Inhalt deiner Rede ist nun klar und das Kernthema definiert. Die nächste spannende Herausforderung ist, den Text so zu formulieren, dass er die Zuhörer in seinen Bann ziehen kann.
Du kennst wahrscheinlich auch ein echtes “Naturtalent” im Erzählen von Geschichten. Jemanden, die oder der in der Erzählung auch aus ganz banalen und alltäglichen Geschichten echte Erlebnisse zaubert. Auf der anderen Seite haben wir selbst manchmal den Eindruck, dass selbst unsere spannendsten Erlebnisse, wenn wir sie vortragen, niemanden wirklich interessieren, oder? Woran liegt das?
Die “Naturtalente” haben eigentlich keine angeborenen Superkräfte im Erzählen von Geschichten, sondern kennen die Prinzipien guter Geschichten und wenden sie konsequent an, auch wenn sie sich dessen selbst gar nicht bewusst sind. Meistens haben diese Personen das nicht in Seminaren gelernt, sondern stattdessen ihre Fähigkeiten “im echten Leben” über durch viel Übung ausgebildet. Sie genießen es meist ohnehin, etwas zu erzählen und haben dadurch auch viel Gelegenheit ihre Erzähltechniken zu schleifen. Das Gute daran ist: es gibt Prinzipien des Geschichten-Erzählens bzw. des Storytellings. Wenn du diese Prinzipien ganz gezielt anwendest, kannst auch du das Publikum in deinen Bann ziehen. Du kannst dir also sicher vorstellen, dass es sich lohnt, ein wenig Gehirnschmalz in die Art und Weise deines Vortrags zu investieren. Deshalb gehen wir im Folgenden darauf ein, wie du die Prinzipien des Storytellings, des Humors und der Rhetorik nutzen kannst, um deine Ideen fesselnd vorzutragen.

Fließtext ausformulieren

Am Anfang steht das grobe Ausformulieren. Aus den Ideen wird Fließtext. Fang also an, deine Ideen zu Papier zu bringen. Es geht dabei zuerst nur um das Grundgerüst. Du kannst also zu diesem Zeitpunkt ruhigen Gewissens Humor und Rhetorik vernachlässigen.
Dennoch kannst auch beim “Runterschreiben” des groben Textes ein paar grundsätzliche Regeln bereits beachten:

• Vermeide Floskeln, die jeder schon einmal gehört hat. Damit meine ich zum Beispiel Klassiker, wie “mit einem lachenden und einem weinenden Auge”.
• Der ausformulierte Text sollte zu deiner Persönlichkeit passen. Wenn du beim Schreiben schon das Gefühl hast, dass es aus deinem Mund sehr künstlich oder befremdlich klingen würde, lass es weg oder “übersetze” es in “deine Sprache”. Die Gäste kennen dich und erkennen sofort, wenn etwas nicht von dir kommt. Es wird dann einfach  künstlich und wenig authentisch. Es wirkt nicht charismatisch, wenn man erkennt, dass der Text nicht wirklich von dir kommt oder man den Text einfach nicht mit dir als Person in Einklang bringen kann.

Falls es schon am Einstieg hakt: Mach es nicht zu kompliziert. Es genügt, den Bräutigam und die Braut direkt mit Namen zu begrüßen und die Gäste allgemein anzusprechen. Also zum Beispiel: “Lieber Peter, liebe Christine, liebe Gäste”. Falls du selbst Braut oder Bräutigam bist, könnte es so aussehen: “Liebe Gäste, liebe Familie, meine liebe Christine / mein lieber Peter”. Mach dir für die Ansprache noch nicht zu viele Gedanken. Eine fünfminütige Anrede  aller anwesenden Gäste ist langatmig, uninteressant und stiehlt dir die knappe Zeit für deine eigentliche Kernbotschaft.

Also: Wie geht es jetzt weiter, sobald du deinen Text grob aufgeschrieben hast? Jetzt fangen wir an, den Rohdiamanten mit Hilfe von Storytelling zu schleifen.

Storytelling nutzen

Die wesentlichen Prinzipien des Storytellings sind das Timing deiner Erzählung und die Erkenntnis, dass das Gehirn in Bildern arbeitet. Du tust also gut daran deinen Text so anschaulich wie möglich zu erzählen. Prüfe also zum Beispiel die Rede darauf, ob du schlichte Aussagen in Metaphern umwandeln kannst. Eine Möglichkeit wäre “er unterstützt sie wo er nur kann” in “er ist ihr Fels in der Brandung” umzuwandeln. Noch besser sind natürlich eigene, noch originellere bildliche Beschreibungen. Versuch einfach deinem Text Farbe zu geben.

Wie machst du das? Schau einfach für fast jeden Satz, ob du schon Adjektive und Adverbien verwendest hast. Jede Person und jeder Gegenstand können beschrieben werden. Die eher langweilige Aussage “Die Frau geht auf der Straße…” wird dabei vielleicht zu “Die wütende Nachbarin fluchte zischend vor sich hin. In ihrem glühenden Zorn vergaß sie leider völlig die spiegelglatte Eisdecke auf der Straße und…”. Auch sogenannte “Powerworte” verleihen deiner Rede zusätzlichen Pepp. Aus “hoch” wird zum Beispiel “unglaublich hoch” und aus “klein” wird “mikroskopisch klein”. Auch das Timing spielt für das Storytelling eine entscheidende Rolle. Es geht hierbei darum, die Zuhörer eine gewisse Zeit im Unklaren zu lassen und sie vielleicht sogar gezielt erzählerisch auf eine falsche Fährte zu führen. Sobald die Phantasie des Publikums angeregt wird und sie sich über den weiteren Verlauf der Geschichte schon sicher wähnen, lässt du diese Erwartungen im Folgenden unvermittelt (mit der Pointe) platzen. Du musst also überlegen, an welchen Stellen der Erzählung die Zuhörer deine Geschichte im Geiste “weitererzählen”, weil der Verlauf offensichtlich scheint. An diesen Stellen legst du bewusst eine großzügige Pause ein, um der Phantasie des Publikums den nötigen Raum zu lassen. Erst sobald sich alle ihr Narrativ gebildet haben und sich im Prinzip damit “sicher” fühlen, machst du eine überraschende Aussage, die für das Publikum völlig unerwartet kommt.

Humor

Viele haben einen vollkommen überzogenen Anspruch an den Humorgehalt der eigenen Rede. Am Anfang solltest du dir klarmachen, dass du (höchstwahrscheinlich) kein professioneller Comedian bist und es deshalb auch nicht so sinnvoll ist, das gleiche Humorniveau anzustreben. Humor in der Rede ist eine tolle Sache, du tust aber gut daran, nicht krampfhaft zu versuchen, witzig zu sein. Freue dich einfach über jeden herzhaften Lacher, den du aus dem Publikum erntest, erwarte diese aber nicht unbedingt. Nichtsdestotrotz gibt es ein paar Methoden, wie diese Lacher zumindest wahrscheinlicher werden:
Vergleiche: Nimm ein einfaches Statement und werte es durch einen anschaulichen Vergleich auf. Ein Beispiel wäre dieses: Der Bräutigam will erwähnen, dass ihm der Brautvater am Anfang ziemlich skeptisch gegenüber stand. Lustig wird das erst, wenn du die Situation zum Beispiel mit einem “Kampf David gegen Goliath” vergleichst.
Imitationen: Jemanden zu imitieren kann sehr komisch wirken und lockert jede Geschichte auf. Das ganze ist natürlich mit Bedacht einzusetzen, so dass sich niemand auf den Schlips getreten fühlt. Du könntest zum Beispiel eine entfernt bekannte oder sogar ausgedachte Person nachspielen. Vielleicht ein ehemaliger Professor oder
Mitbewohner.
Schadenfreude: “Alles ist lustig, wenn es nur jemand anderem passiert.” von Will Rodgers. Jeder genießt Schadenfreude. Das kannst du dir natürlich zunutze machen, indem du idealerweise über deine eigenen
Schnitzer und Unzulänglichkeiten sprichst. Wie schon erwähnt, hast du hier nicht das Problem, dass du jemanden peinlich berührst. Außerdem wirkt es sympathisch, sich selbst auf die Schippe zu nehmen.
Überraschungen: Gegensätze sind immer lustig. Bei Reden über den Bräutigam und die Braut bietet es sich geradezu an, deren Gegensätze bildlich hervorzuheben. Kommt die Braut aus Österreich und der Bräutigam aus Ostfriesland? Zeichne zum Beispiel übertrieben nach, wie sich einer an die Lebensumstände des jeweils anderen anpassen musste.

Rhetorik und Feinschliff

Wenn du deine Rede noch weiter aufwerten willst, gibt es noch ein paar weitere Kniffe, eloquenter rüberzukommen und das Publikum noch besser zu unterhalten:

Publikum aktiv einbeziehen: Ein bekanntes Hilfsmittel, um Interesse zu wecken, besteht darin, das Publikum sehr direkt anzusprechen. Stell zum Beispiel Fragen an die Menge: “Wer von euch erinnert sich an …?” Oder stell Vermutung über das Publikum an: “… bestimmt haben einige von euch schon einmal…”. Diese Vermutungen können auch durchaus etwas frech sein und das Publikum necken. Sprich auch gerne gezielt einzelne Gruppen in deiner Rede an: “… die Berliner hier im Raum kennen sicher das Gefühl…”. Oder du zeigst kurz die Personen im Saal, die in den Geschichten vorkommen: “Unsere gute Freundin Lisa, hier vorne, hat einmal…”.

Stilistische Pausen: Gelöstes Lachen ist viel wahrscheinlicher, wenn nach einer Pause etwas Unerwartetes kommt. Wenn du in einer Wahnsinns-Geschwindigkeit den Text einfach “runter ratterst”, wirst du dem Publikum gar keine Möglichkeit geben, etwas überhaupt “unerwartet” zu finden. Lass dir besonders vor den Stellen Zeit, an denen du etwas Unerwartetes sagst. Du führst den Zuhörer in die Irre, regst dessen Phantasie an und lässt ihm auch etwas Zeit dafür. Dann löst du die Situation überraschend wieder auf und gehst vielleicht in eine ganz andere Denkrichtung. Abgesehen vom humoristischen Vorteil den stilistische Pausen bieten, profitierst du aber auch auf weiteren Ebenen
davon. Zum einen kann man dir einfach besser folgen und das Zuhören ist angenehmer.

Füllwörter reduzieren: Füllwörter zeugen von Unsicherheit. Selbstsichere Redner pausieren einfach und lassen die Botschaft wirken. Das ist natürlich kein absolutes Muss für die komplette Rede. Du solltest aber zumindest am Anfang der Rede, also in der ersten Minute ungefähr, wirklich keine Füllwörter benutzen. In diesem Abschnitt solltest du ganz selbstverständlich ohne Füllwörter auskommen. Damit setzt du nämlich einen prägenden ersten Eindruck beim Publikum. Wenn dir danach doch mal Füllwörter rausrutschen, wird das Publikum das kaum noch bemerken.

Für den letzten Feinschliff kannst du noch in Erwägung ziehen, die Rede komplett frei vorzutragen. Empfehlenswert wäre es allemal, da deine Rede dann viel lebendiger und auch authentischer wirkt. Falls du aber unbedingt einen Zettel benutzen willst oder aufgrund von Zeitmangel benutzen musst, dann beschränke dich am besten auf  tichworte. Leg einen Zettel mit groß geschriebenen Stichworten vor dir auf den Tisch bevor du die Rede hältst. Während der Rede kannst du dann zwischendurch einen Blick auf den Zettel werfen, du bist aber trotzdem noch relativ frei in Bezug auf deine Gestik und kannst auch besser am Ende mit deinem Publikum anstoßen.

Füllwörter reduzieren: Füllwörter zeugen von Unsicherheit. Selbstsichere Redner pausieren einfach und lassen die Botschaft wirken. Das ist natürlich kein absolutes Muss für die komplette Rede. Du solltest aber zumindest am Anfang der Rede, also in der ersten Minute ungefähr, wirklich keine Füllwörter benutzen. In diesem Abschnitt solltest du ganz selbstverständlich ohne Füllwörter auskommen. Damit setzt du nämlich einen prägenden ersten Eindruck beim Publikum. Wenn dir danach doch mal Füllwörter rausrutschen, wird das Publikum das kaum noch bemerken.

Der letzte Feinschliff

Du solltest nun schon einen ziemlich vernünftigen Text vor dir haben. Wenn du aber noch weiter optimieren willst, schau dir gerne die folgenden Tipps an.

Noch weiter kürzen

Prüfe ein letztes Mal, wie lange du brauchst, wenn du die Rede hältst. Mehr als sechs bis sieben Minuten? Überlege, ob du die Geduld der Zuhörer wirklich derart strapazieren willst. Kannst du deine Kernbotschaft vielleicht doch noch etwas kompakter rüberbringen? Es lohnt sich, dir zu überlegen, welche Bestandteile dir wirklich am Herzen liegen und welche du auch getrost weglassen kannst.

Lieber nicht ablesen

Wenn es aufgrund von Zeitmangel nicht anders geht, kannst du die Rede natürlich auch ablesen. Das ist besser, als am Ende gar keine Rede zu halten. Und wenn die Rede von Herzen kommt, wird es dir auch niemand übel nehmen, wenn du einen Zettel als Gedankenstütze nutzt. Andererseits, falls du ausreichend Zeit zum Üben hast, solltest du diese auch nutzen, um auf den Zettel verzichten zu können. Letztlich machst du einen viel besseren Eindruck, wenn du frei vorträgst. Außerdem macht Ablesen an sich schon die Stimme monoton: gleiche Stimme, gleiche  Geschwindigkeit und gleiche Pausen. Ein Nachteil ist auch, dass du schnell den Augenkontakt verlierst und die Emotionen nicht so gut herauskommen. Ablesen verleiht dem Ganzen einen gewissen formalen Touch, den du  eigentlich vermeiden solltest. Idealerweise sollte es so wirken, als ob du nahezu spontan reden würdest, obwohl du sie eigentlich perfekt einstudiert hast. Wenn du deine Rede abliest, kann auch eine eigentlich sehr romantische Rede etwas eingestaubt wirken.
Ein Kompromiss zwischen dem reinen Ablesen und komplett freien Vortrag wäre ein kleiner Zettel als reine Gedankenstütze. Von diesem liest du nicht ab, aber du nutzt ihn, um dir hin und wieder etwas auf die Sprünge zu helfen. Dazu legst du einen Zettel mit groß geschriebenen Stichworten vor dir auf den Tisch. Du hältst den Zettel also nicht in der Hand, sondern schaust nur sporadisch mal dort hin, um dich zu orientieren, falls du mal den Faden
verlierst. Am besten legst du den Zettel schon hin, bevor du überhaupt anfängst, die Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.

Wie kannst du die Rede noch besser machen?

Lächle! Es ist ein schöner Anlass und kein Business-Vortrag. Überzeuge dich selbst davon, dass du das Halten der Rede genießen wirst. Denn deine Rede soll nicht wie ein Pflicht-Vortrag rüberkommen. Es wäre schön, wenn du sie  ehrlich genießen könntest. Denn diese Einstellung springt durch den Klang deiner Stimme und deine Mimik auch positiv auf die Leute über. Sauge die Freude des Anlasses in dir auf und bring diese Atmosphäre und deine  timmung auch in die Rede.